Donnerstag, 3. Dezember 2009

Der Koenig ist tot, lang lebe Aaron


Es war abzusehen, dass die Taz es sich nicht nehmen lässt, weiter gegen die Piraten zu hetzen. Erste Titelseiten-Kollagen tauchen nun im Netz auf. Wie schon damals gegen Jürgen Klinsmann wird massivst Blasphemie betrieben. Der Vorwand lautet, darzustellen, wie das Mitglied des Bundesvorstandes der Piratenpartei - Aaron Koenig - als Märthyrer für seinen freien Geist und den der Partei leiden muss.

Aber keine Sorge, bald ist ja Ostern!

Dienstag, 1. Dezember 2009

Der mangelnde Sexappeal von Basisdemokratie oder die Macht des Nein

Unsere verlauste Demokratie müht sich real existierender Politikverdrossenheit beizukommen und gebährte seiner Bevölkerung Instrumente von mehr direkter Mitbestimmung. Ein Volk, eine Gesellschaft, der kleine Bürger himself soll Chance bekommen, sich direkt in politische Prozesse einzubringen. Eine subtile Revolution gegen "die da oben", die ewigen Diätenbezieher vollzieht sich mit immer mehr Effekt in Ländern gelebter Demokratie.

Die Facetten sind reichhaltig, von diskreter Mitteilung des Volkswunsches, bis hin zu vorgeblichen Verbindlichkeiten haben die verschiedenen Entscheidungsträger Möglichkeiten geschaffen dem Volk eine Stimme zu verleihen. Den verschiedenen Umsetzungen gemein ist das inflationäre Verlangen nach meiner Unterschrift unter verknappte meist polarisierende Anträge namens Volksbegehren oder -entscheid.

So kann ich Waldstücke retten, Landebahnen verhindern, Schulreformen kippen oder mich sonstwie an der politischen Entwicklung beteiligen. Erstaunlicherweise eint viele Unterschriftenlisten ein bewahrender Ansatz von Altbewährtem oder einfach nur der Wunsch nach Verhinderung von anderem. Dies kann ich bei etlichen Ansinnen durchaus nachvollziehen - wer hat schon gern einen Flughafen, eine Autobahn vor seiner Tür. Andererseits ist es wesentlich leichter viele Stunden Arbeit mit einem "Och Nöh" zu egalisieren, vor allem ohne ausgearbeitetes Gegenkonzept.

Der wirkliche Haken liegt allerdings in einer zielführenden Polarisierung samt Suggestivfrage, für die es die Unterschrift zu leisten gilt. "Möchten sie das diese Eichhörnchen einen gewaltsamen Tod sterben und diese süßen Kinder niemals mehr in der freien Natur spielen können nur weil jene böse Krake ihren Profit mehren will?" trifft auf "Sind sie auch gegen die Unterdürckung von Frauen durch Ehrenmorde und Verschleierung und die Verhinderung weiterer Begegnungsstätten verfassungsfeindlicher mordender Muslime in unserem Land, die ihre Protzbauten direkt vor ihre Nase setzen, um uns unsere Heimat zu besetzen". Der politisch Interessierte, mit dem Basispaket Bildung, Intellekt und Weltoffenheit ausgestattet, würde vielleicht ins Grübeln kommen oder sogar den eifernden Populismus entlarven. Genug Menschen aber, denken vom Stammtisch bis zum Fernseher und verfügen über eine gefährliche Mischung mangelnder Reflektion, Hintergrundinformation und Urängsten...

Parallel setzen findige Meinungsmacher Mittel und Hebel in Bewegung "ihre" Information unters Volk zu bringen - Cash is King. Wirkliche Aufklärung, Objektivität und ein Prozess der Lösungsfindung fallen unter den Tisch und Peng haben wir das Minarett oder eben keine mehr.

Parallel sorgt der inflationäre Bedarf an Unterschriften und Wahlen für wachsendes Desinteresse, so man nicht persönlich betroffen ist. Solche Abstimmungen sind also zumeist getrieben von Subjektivität und Egoismus - historisch gesehen eher kein menschenfreundlicher Lösungsansatz.

Gutheißen kann ich das leider nicht - bei aller Liebe für die Bedürfnisse, Wünsche und Ängste einer Bevölkerung. Leider sind nur seltenst, die leichtesten Lösungen auch die Besten und noch seltener werden dieser einer etablierten Realität gerecht. Insofern haftet solcher Art von Basisdemokratie ein ähnlicher Beigeschmack, wie dem Marxismus an: In der Theorie quasi weltbeste Lösung für die Schaffung maximaler Gerechtigkeit im Konsens, gelebt aber scheiternd an der Summe an Individuen samt all ihrer Verfehlungen.

Verfechtern von Mehrheitsgläubigkeit, seien nur folgende Fragestellungen samt möglicher Ergebnisse zur Vision vorgelegt:
a. Sollten Vergewaltiger zum Gemeinwohl kastriert werden?
b. Sind sie zwecks Verhinderung von Kindesmissbrauch für die Sperrung von Websites

PS.: Ich halte die Meinung innerhalb einer Bevölkerung für extrem wichtig und ein von oben herab diktiertes Prozedere ist sicherlich auch weitab vom gesellschaftlichen Ideal. Das höchste Gut einer humanistischen Gesellschaft muss aber ein mehrheitsdienlicher Pluralismus mit Schutz für Minderheiten sein, getragen von der Mehrheit seiner Teilnehmer unterfüttert von Fachkompetenz!