Sonntag, 7. September 2008

Panama City - immobile Schönheitsoperationen

Metropolen liebt die Welt - New York, Paris, Hong Kong, London aber auch Berlin, Prag oder Rio de Janeiro. Jede dieser Städte hat ihre Reize und Vorzüge und immer wieder dringen neue Städte in den elitären Metropolenzirkel ein. Mit Panama City, macht sich ein ernstzunehmender Konkurrent bereit. Wer sich an Berlin vor knapp 20 Jahren erinnert, weiß wie eine Stadt in Progress aussieht und sich anfühlt - eine einzige Baustelle, die immer wieder neue Architektur gebährt. Panama City wiederholt diesen Vorgang, lediglich auf potenzierte Art und Weise. Die Innenstadt wird gerade um knapp 50 neue Wolkenkratzer bereichert, zusätzlich zu den schon vorhandenen Massen. Dieses Areal schmiegt sich direkt an die Küste, mit Blick auf Inseln und den Panamakanal. Die Regierung nutzt diesen Moment, um einen gigantischen Prachtboulevard direkt an der Küstenlinie zu installieren, welcher diese hochmoderne Innenstadt mit historischem Stadtgebiet verbindet. Europäische Großstädte würden sich um diesen Altstadtkern reissen. Aktuell noch in einem erbrämlichen Zustand (quasi abbruchreif), zeigt sich hier das wahre Potential der Stadt. Koloniale Prachtbauten in kleinen Gassen, mit Meerblick und nur zehn Minuten Fussweg entfernt vom Stadtzentrum oder in der anderen Richtung vom Regenwald. Wenn sowohl Donald Trump, als auch die Unesco an einem Strang ziehen und Milliarden in eine Region pumpen, scheint es sich wohl wirklich um einen verschmutzten Rohdiamanten zu handeln. Ein umfangreicher Fussmarsch durch diese lateinamerikanische Großstadt, wird mit beklommenen Gefühlen begonnen, umfangreicher Literatur sei Dank. Und auf einmal blickt man gebannt in entspannte oder lächelnde Gesichter und wundert sich, seltener von der Seite angesprochen zu werden, als in München Schwabing. Der Besuch einer der großen Shopping-Malls erklärt den Rest. Eine Stadt, die zwei Flagshipstores von Puma beheimatet, muss prosperierend sein. Armani, Versace, Gucci, Oakley, Rolex, Svarowski...hier reihen sich Läden aneinander, die mein Budget sprengen und die man in Deutschland selten nebeneinander findet. Die Strassen strotzen von Cayenne und Touareg und anderen SUV´s ... Armut sieht anders aus, ist aber auch zu finden: Es gibt sie die Regionen ganz unten. Plattenbau trifft Wellblechhütte und sämtliche Reiseführer verweisen auf großzügige Meidung dieser Regionen. Ein Blick in die Geschichte bringt Erklärung. Der Panamakanal und große Plantagen brauchten massenweise Körperkraft, auch importierte und Menschen brauchen Betten. Arme Menschen brauchen viele Betten in wenig Raum. Die USA und ein korrupter Armutsstaat mit gemeinsamen Zielen finden die passende Lösung, welche noch immer nicht aufgearbeitet ist. Die Brachialgewalt und Geldmasse mit der die Stadtentwicklung und Gentrification vorangetrieben wird, wird neue Fakten schaffen.
Die Sanierungsmassnahmen und die Tourismuszunahme bleibt nicht ohne Arbeitsplatzzuwachs. Auch zweite Welt Staaten haben gelernt, das abgerissene Wellblechhütten durch feste Wohnsitze ersetzt werden müssen. Das wird passieren und in zehn Jahren will ich wieder hier sein in dieser atemberaubenden Stadt.

Mittwoch, 3. September 2008

Curacao ein Eiland mit Perspektive

Um das Alphabet zu komplettieren, muss nach Aruba und Bonaire in jedem Fall Curacao folgen. Subjektiv als größte bzw. bevökertste der drei Inseln empfunden. Auf einmal wieder Stadtgefühl, samt Stickigkeit, Lärmpegel, Dreck und Aggression. Die holländische Vergangenheit ist spürbar und im Stadtbild mehr als erkennbar ... die letzten Dekaden wurde kolonialer Altbau allerdings nicht wertgeschätzt, so dass sich in Willemstad etliche mondäne Ruinen aneinanderreihen. Doch die Regierung samt Bevölkerung erkennt das vergangene Fehlverhalten und beginnt mit Liebe zum Detail, den alten Glanz in die Stadt zu restaurieren. Offensichtlich wird dies noch einige Zeit dauern.
Mit der Insel konnte ich nicht wirklich warm werden. Nach den spärlichen Stränden auf Bonaire, realisiert man sandigen Wasserzugang natürlich wohlwollend, aber irgendetwas fehlt. Das Eiland scheint noch nicht wieder reif, sondern pubertiert gerade erst vor sich hin - mitsamt allem üblichen Mut zur Häßlichkeit und Krawall. Das Potential ist zu erahnen, aber versteckt sich noch erfolgreich.
Diese Wandeljahre nutzen vornehmlich holländische Touristen, um Hochkultur wie Hardcoretechno, Heineken und europäischen TV-Fussball zu etablieren. Glücklicherweise nicht sonderlich erfolgreich.
Curacao scheint seinen möglichen Niedergang vor zehn bis zwanzig Jahren erfolgreich umschifft zu haben. Die drastische Arbeitslosigkeit und heftige Armut ist gewichen, aber dennoch ist gerade in den Vororten eine Art aggressive Depression zu spüren. Hierbei ist nicht von dritte Welt Ghettos die Rede, aber von pöbelnder Unzufriedenheit. Die Insel hat noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Völlig unverständlich erscheint mir der laxe Umgang mit den naturgegebenen Landschaftsschönheiten. Umweltschutz ist nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. Ich ahne, dass ich entweder 100 Jahre zu spät oder 25 Jahre zu früh zu Besuch kam - Liebe auf den ersten Blick sieht anders aus.