Donnerstag, 31. Januar 2008

Multilevelmarketing versus Struktur

Der Mut zur Lücke mündet im Ausbau einer Flopsammlung, die manch Stehparty um Anekdoten bereichern kann. Diese Fehleinschätzungen schulen ungemein und hauen dem Kasper namens Übermut immer mal wieder auf die Finger. Ich unterstelle mir gänzlich uneingebildet ein gewisses Maß an solider Grundintelligenz. Dieses Attribut teile ich sicher mit einer Horde Menschen, die somit ähnlich in der Lage sein sollten Risiken abzuwägen und einzuschätzen.
Dennoch fehlt den meisten Menschen der Mut ihre Fähigkeiten, Talente und Kleingeld einzusetzen, um aus der Maloche zu fliehen. Die Begründung hierfür sehe ich allerdings in Sozialisation und Medienprägung. Die Gründung eines Nebengewerbes kostet in den meisten Fällen kaum mehr als ein halber Mittelklassewagen gebrauchter Natur. Diese Investition wird jedoch all zu gern getätigt, trotz offensichtlichem Risiko, namens spontaner Wertverlust durch Fahrfehler. Automobilia im Wert eines Jahreseinkommens werden in Deutschland selbstverständlich auf Pump erworben. Mit eigener Leistung seine Talente und Interessen in Cashflow zu verwandeln, erfreut sich allerdings ähnlicher Beliebtheit, wie eine Zahnwurzelbehandlung. Ohne große Weisheiten zu verraten, verschulden sich die wenigsten Existenzgründer in zigfacher Millionenhöhe und um alles eingesetzte Geld in Gänze zu verbrennen braucht es enormen Kraftaufwand oder Tipps von einer Landesbank.
Um wieder aufs Thema Flop zu kommen. Mit ganz wenig Kunst ist es möglich, die Zahl der Tops höher zu halten. Und schon sind die Risiken überschaubar und kaum mehr einschüchternd. Den Versuch kann jeder wagen. Ein Gewerbe meldet sich quasi von selbst an. Dieses als Hobby neben dem Angestelltenstatus betrieben, steigert auf jeden Fall das Ego. Nebenbei kullern, im wahrscheinlichsten Fall, ein paar Cents zusätzlich aufs Konto und mit eigentlich verpöntem Steuergeschiebe kann der ein oder andere Vorteil selbst ohne Einnahmen erschaffen werden.
Würden Schulen und Unis, der Zeit angemessen, auch dieser Thematik ein wenig Schwerpunkt zumessen, zöge das sicher eine quicklebendige lokale Marktwirtschaft nach sich. Angstbefreit schwömmen in Folge ein paar mehr Erfolgsgeschichten an der Oberfläche. Denn freie Marktwirtschaft beginnt nicht erst bei Siemenst oder Nokia.

So in Zukunft mit noch mehr Augenmerk auf Ordnung und Struktur und rote Fäden...


Als unbedarfter Neulandbetreter und Juniorblogger, waren die momentanen Entwicklungen nicht abzusehen. Nun beweist sich für mich auch online die These, der Aktion, die immer eine Reaktion erzeugt. Verweisende Links auf meinen Blog mit angefügtem Kommentar, aber auch Emails mit direktem Bezug, wollen nicht unkommentiert bleiben. Andererseits, will ich die eigentliche Stoßrichtung meiner Zeilen nicht abfälschen. Eingefärbte Lettern - zu Ende des Posts - erscheinen mir als Strukturmassnahme sinnvoll. In diesen abschließenden Zeilen, nehme ich nur zu gern Bezug auf aktuelle Entwicklungen und Reaktionen, um an späterer Stelle gewohnt meinen unerheblichen Werdegang zu beleuchten.
Der mir, bis dato unbekannte Blog: http://ideenjonglieren.twoday.net/ hüllt in Komplimente, die mich zart erröten lassen auch seine Skepsis. Multilevelmarketingbookverkaufguerilla...mein Blog? Das Wort trieb das zarte Rot aus meinen Wangen, die nun durch ein breites Grinsen in Augennähe rutschten. Virales Marketing...durch meinen Output??? Tatsächlich bin ich verwirrt und amüsiert zugleich - kann und will diese Befürchtung gern mittels Beweis widerlegen. Ohne allerdings meine Anonymität preis zu geben, fällt mir kein stimmiger Beweis ein.
Offensichtlich hat das Medienzeitalter zu viele Ausgeburten an Hochstapelei und verheißungsvollen Versprechungen fabriziert. So wird mittlerweile jeder Information ein unterschwelliger Betrugsversuch, zumindest nicht auch zugetraut.
Ich wahre an dieser Stelle zumindest einen Hauch Rest-Seriösität und vermeide jeglichen Versuch von Überzeugungsarbeit. Solch Versuch könnte gar nicht von Erfolg gekrönt sein...
...und wer weiß, vielleicht erscheint mir dieser Blog als "
Multilevelmarketingbookverkaufguerilla" doch mal angemessen. Lob an "Ideenjonglagen", für diese wundervolle Wortkreation.

Dienstag, 29. Januar 2008

Selbstbild, Reflektion und Charmeoffensive

Geld und Besitzstand stellt keinerlei Charaktereigenschaft dar. Dennoch wird jeder auch und vor allem anhand seiner materiellen Situation bewertet und muss Unterstellungen akzeptieren. Reichtum und Armut polarisieren leider sehr und einige Klischees treffen wohl auf einen Großteil einer Gruppierung zu, so dass Vorurteile oftmals bestätigt werden. Mir will dieser Schuh allerdings nicht so recht passen, werde mittlerweile aber regelmäßig wieder daran erinnert, dass meine selbstgewählte Anonymität Sinn macht.

Leser meines Blogs sahen sich nun mehrfach dazu angehalten mir via Email ihre Meinung zu meiner Person mitzuteilen. Die Bandbreite der Reaktionen reicht von dreisten Beleidigungen, über entspannte Sympathiebekundung, bis hin zu offensiv formuliertem Beziehungswunsch. Ohne mich zu kennen, werden mir positive, wie negative Charakteristika unterstellt und unaufgefordert mitgeteilt. Nicht das ich Kommunikation nicht zu schätzen weiß, doch genieße ich es sehr via Diskretion selbst entscheiden kann, wie intensiv sich jeweilige Konversation ausgestaltet.

Auch im realen Leben wissen nur Menschen, die ich sieze (Banker, Steuerberater etc.), um meine finanzielle Unabhängigkeit. Ich selbst habe ein entrücktes Verhältnis zu meinem Vermögen. Ich trenne klar zwischen meinem Privat- und Geschäftskonto. Per Dauerauftrag gönne ich mir ein schüchternes, aber lebenswertes Gehalt, mit dem ich den Monat lang klar zu kommen habe. Diese Summe ist für mich greifbar und zu bewerten. 50 Euro sind leicht ausgegeben und reichen nur für ein bestimmtes Konsumverhalten. Der Restwert für Investitionen, Geschäftliches und gute Taten fühlt sich für mich allerdings eher an wie Spielgeld bei Monopoly. Aktueller Zwischenstand interessiert mich nicht sonderlich. Die treffendste Beschreibung wäre vielleicht mit Energie gegeben. Dieses Geld sehnt sich nach Arbeit, es will bewegt werden und etwas bewegen. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie deutschlandweit Billionen auf Konten verschimmeln, anstatt zu fließen und so auch der Allgemeinheit nutzen.

Mit einem Hauch Intelligenz, genügend Grundstock und differenten Spielfeldern ist es quasi unmöglich den Wert zu schmälern. Vielmehr ist es weit schwieriger Zuwächse zu vermeiden. Faktisch war es mit jedem weiteren Taler leichter den nächsten zu ernten. Und das ohne Turbokapitalismus und Ausbeute. Der, auf den größten Haufen scheissende Teufel, beweist mir seine Existenz immer wieder. Diese Erkenntnis entspannt ungemein, lässt vielerlei Experimente zu und manch Flop kann riskiert werden. Vor allem steht somit niemals Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern der entstehende Mehrwert. Es klingt vielleicht dreist, aber mittlerweile schaffe ich mit meinen Investitionen hauptsächlich die Dinge, die ich bisher vermisst habe und anderweitig nicht bekommen konnte. Besonderes Augenmerk lege ich darauf, Leute mit ins Boot zu holen und von ihrer eigenen Courage zu überzeugen, denn gemeinsam profitiert es sich viel angenehmer.

Wozu schweife ich derart ab? In erster Linie sollen aufgebrachte Gemüter beruhigt werden, die mich schlecht ausleuchten und sich nicht genug Zeit nehmen Abstand zu ihren Vorurteilen zu nehmen. Dann wäre in diesem Blog auch Platz für Schnittstellen und transparentere Projekte, die zum mitmachen einladen.


Samstag, 26. Januar 2008

Schwarmintelligenz und -kraft macht Urlaub

Das Schönste am März sind die günstigen Mietpreise für dänische Ferienhäuser. Diese bieten auch Jungsspunden samt Clique, erschwingliche Flucht aus den regendurchsetzten Frühjahrsstürmen. Während Hamburg sich in dieser Zeit von seiner unattraktivsten Seite zeigt - es sei denn man favorisiert peitschende Regengüsse und umherfliegende Wahlplakate - lockt im noch so schlichten Ferienhaus, an Dänemarks Küste, ein lauschiger Kaminabend. Mit zehn Freunden, können sogar diverse Luxusfeatures eingebaut werden. Swimmingpool und Sauna, Terasse und Außengrill, aber auch Strandnähe und Angelschein sind finanzierbar. Da hier keine Geheimnisse verraten werden, vertiefen sich diese Zeilen hier nicht in weiteren Details.
Nachgerechnet ergeben fünf nachfolgend getätigte Reisen dennoch ein Budget allein für die Übernachtungen in Höhe von 7.500 Euro. Erschreckend wird diese Zahl, wenn man zum Spass mal die örtlichen Verkaufsanzeigen im Immobilienmarkt sondiert. Günstige Hütten gibt es oft schon zu einem schüchternen fünfstelligen Etat. Demgegenüber sind nur fünf Wochen Spass, für zwar zehn Leute, bei allerdings knapp 10.000 Euro doch irgendwie unangemessen.
Es war eine dieser Nächte, in der der sportliche Überrest, alkoholgetränkt und wohlgelaunt, die Uhrzeit vergisst und ins Spinnen kommt. Man könnte ja..., eigentlich müsste man..., Wieso macht man denn nicht...? Fragen reihen sich aneinander bis auf einmal in aufkeimender Euphorie, der mentale Großgrundbesitzer in jedem erwacht. Die skandinavophilen Herzen schlagen höher und der Redefluss mancher Person ist nur in dem Moment unterbrochen, wo er sich den Schaum vom Mund wischt. Eine Idee gebärt sich selbst...
Ein wenig Zeit und Taler könnte jeder erübrigen und als Belohnung eine eigene Hütte, dauerhaft verfügbar und ansatzweise wertstabil. Zudem die Gesamtinvestition weit weg von einer marktüblichen Hamburger Zweizimmerwohnung liegt. Leider paart sich am nächsten Morgen der Kater mit dem angeschlichenen Hasenfuß und peinliches Schweigen legt sich über die angeregte Diskussion des Vorabends.
Mir selbst lässt diese Thematik keine Ruhe. Das gelangweilte Geld auf meinem Konto sehnt sich schon lange nach einem neuen Hobby. Drei halbe Nächte Konzeption und ein Besuch bei meinem immer freundlicheren Steuerberater geben mir Recht. Es ist zwar abstrus, aber doch sehr realistisch. Gute Vorplanung, minimiert potentielle Risiken und so belästige ich ehemalige Kaminfeuergenossen. Taktisch klug, wird ein Männerabend in Tresennähe, mit zeitlichem Platz nach hinten angesetzt. Drei Bier später funkeln die Augen, wie damals, nur diesmal mit konkreten Fakten verwöhnt.
Erste und letzte Streitigkeiten ergeben sich lediglich durch Orts- und Objektwahl. Nordseeküste und Grenznähe werden favorisiert und nach mehreren Besichtigungen eine gewählten Jury, fällt die Wahl auf ein restaurierbares Hofobjekt außerhalb eines beschaulichen Dorfes. 200 Quadratmeter gute Bausubstanz in trauriger Optik, locken dieses Mal zu einem dreiwöchigen Ersturlaub in improvisierter Wohnsituation. Kein Pool, keine Sauna, aber gefühltes Eigentum. Das erste Königreich ist erobert.
Nur um ein paar Randinformationen zu benennen. Die Kaufsumme, streckte mein Konto gern vor, doch mit einer kleinen monatlichen Belastung, die jeder Mitstreiter in eine flugs gegründete Gesellschaft einlegt, gehörem jedem von den übriggebliebenen acht Mutigen, seine 12,5%.
Der Ausbau geschieht mit etwas Eigenleistung und zwei älteren Dänen, die unsere Planungen freudig umsetzen. Und schon die zweite Reise, konnte mir ehemaligem Glanz in Mietobjekten spürbar mithalten. Um die Chose forciert zu überspitzen, hat jeder von uns je eine Woche Haup- und Nebensaison exklusiven Zugriff, zwei Wochen gönnen wir uns in alter und immer wieder erweiterten Belegschaft, die anderen Wochen, vermieten wir. So wich die eigentlich angedachte monatliche Belastung, einer jährlich ausgezahlten Gutschrift und Rücklagen für Folgekosten. Größtes Leid für meine sieben vornehmlich in fester Anstellung arbeitenden Kompagnons, ist nun die etwas ausführlichere Steuererklärung, doch da hilft mein Steuerberater lächelnd drüber weg.
Die zwei Hasenfüße jedenfalls, besuchen uns auch dort gern und man wäre boshaft, wenn man das Gegenteil von Schadenfreude in ihren Augen unterstellt.

Dienstag, 22. Januar 2008

Die Geschenke, der Wahn und Vetternwirtschaft

Mit dem Teufel, der immer auf den größten Haufen scheißt, zitiere ich meine seelige Oma. Wieviel Wahrheit in so wenig Worten steckt bemerkt man schnell, wenn man, gleich mit welchen Mitteln, einen ansehnlichen Haufen fabriziert hat. Gerade die Vorweihnachtszeit und der Postbote mit hochrotem Kopf bezeugen die Richtigkeit des Sprichworts. Von dezentem Erfolg gesegnet und mit unterstellter Wichtigkeit überraschen einen auf einmal unaufgeforderte Paketfluten freundlich gesinnter Geschäftleute. Was bei langfristigen Partnerschaften angemessen sein kann, verwundert bei fremden Absendern um so mehr. Woher weiß ein mir unbekannter Bürodienstleister von meinem Faible für guten Schinken und wieso belastet dieser unsere nicht vorhandene Freundschaft mit einem kiloschweren Parmaschinken am Knochen? Zum Glück liefert ein bisher nie beauftragter Steuerberater, mit californischem Rotwein das passende Getränk. Der fehlenden Weinkenntnis zum Trotz, unterstelle ich einem über fünf Jahre altem Tropfen einen Hauch an Wert. Wieso ich in den Genuss komme, kann ich nur vermuten. Faktisch musste ich im Dezember nur ein minimales Budget für Luxusprodukte, wie Alkoholika, Zigarren, Olivenöl (!), Theaterkarten investieren - die deutsche Post oder ein verbliebener Mitbewerber vertopften mit solchen Dingen paket- und schubweise meinen Flur. Ohne Gegenleistung zu unbezahltem Konsum verdonnert, fand ich hilfreiche Unterstüzung bei Mitarbeitern und Kollegen.

Ich erinnere mich noch an Akquisegespräche in weiter Ferne. Die selbstinvestierte Tankfüllung und geopferte Arbeitszeit wurde häufig fehlinvestiert und optimistisch als Erfahrung verbucht. Mittlerweile bekommt man Vortrags- oder Dozierangebote, samt 1. Klasse Anreise und komfortabler Hotelunterbringung auch für die Begleitung. Selbstredend wird ein spürbares Honorar und kulinarisches Highlight eingebaut. Abgesehen von meinem fehlenden Bedürfnis, vor einer wißbegierigen Menschenmenge Kalauer zu reissen, wirklich nette Angebote. Erstaunlicherweise, gibt es zwischen beiden Welten keine Abstufungen. Sobald allerdings die Verwöhnebene erreicht wurde, gibt es nach oben hin keine Grenzen, wie Monsieur Sarkozy yachtsegelnd bejahen wird.

Geld und Geld beschenkt sich gern. Herunter plätschert nicht viel. Die Sehnsucht nach einem Werbekugelschreiber oder einem bedruckten Taschenkalender, hab ich jedenfalls zu keinem Zeitpunkt verspürt. Dem einen Termin im Jahr, zu dem die ganz Bedürftigen in den Genuss von Geschenken in Form warmer Speisen kommen kann nur heuchlerische Publicity mancher "Gutmenschen" unterstellt werden. Ich könnte aus dem Stand zehn Momente meines Lebens benennen, in denen eine geschenkte Flasche Wein mein Herz berührt hätte. Ausgestattet mit einem freundlichen Weinhändler, der mir immer neue Überraschungen kredenzt, ist allerdings kaum ein Mangel wahrnehmbar. Einige Geschenke mit eher dekorativem oder gar urkomischem Ansatz, wage ich kaum auszupacken. Diese Zuwendungen landen direkt bei der nächstbesten Tombola des benachbarten Kindergartens. So trägt die Allgemeinheit zumindest einen Hauch Nutzen davon. Der steuerliche Aspekt könnte die meisten Sorgen bereiten. Unaufgeforderte Geschenke, mit geschäftlichem Hintergrund, sind ab zu hohem Eigenwert auch eine untergeschobene Kleinkriminalität. Der Aufwand sich hierbei steuerlich korrekt zu verhalten, erscheint mir allerdings zu hoch.

Eines der letzten Weihnachten war meine Aufmerksamkeit für bekannte, idealerweise befreundete Geschäftspartner, ein handgeschriebener Gruß auf einer Postkarte eines befreundeten Künstlers und die Subventionierung eines Auszubildenden in meinem Lieblingscafé. Die eine Hälfte der Vergütung trug ich und lud die Empfänger meines Grußes ein, einen Teil des Restes zu tragen. Das Lokal kämpfte durch massive Mieterhöhung um die Existenz und konnte notwendiges Personal nicht einstellen. Meine einzige Bedingung waren monatlich ein leckeres Menü und ein Azubi, dessen Schulabschluss und sozialer Hintergrund bisher eine Ausbildung verhinderten. Resultat ist ein mittlerweile festangestellter Restaurantfachmann, ein verwöhnter Gaumen meinerseits und das Café lebt immer noch und steht wohl auch stabil da. Legal? Mein Verdienst? Sicher nicht, aber lecker.

Freitag, 18. Januar 2008

Zahlungsmoral featuring Schulden featuring Traumterror

Schweißnass klebt mein Resthaar auf meiner Stirn, kringelt sich salzig in meinem Nacken. Der Herzschlag, kaspernd und intensiv, dass mein Brustkorb scheinbar platzt. Eben noch vermengten sich die Erlebnisse der letzten Wochen im Taum, jetzt blicke ich in die erschrockenen adrenalindurchtränkten Augen der Frau die mich liebt. Beruhigende Laute verlassen ihre Lippen, ihre feingliedrige Hand liegt auf meiner Stirn, während die andere meine umschließt.

Die Nacht ist so vollkommen, die Stadt schläft schon, die Vögel noch. Nur mein stoßender Atem durchdringt die erdrückende Stille. Meine Augen zeichnen klare Bilder der abgedunkelten Realität und schieben die Traumfratzen beiseite. Während sich der Puls langsam beruhigt, spüre ich die besorgten Blicke meiner letztverbliebenen Konstante. Sie liebt mich und meine auszehrende Leidensphase macht ihr Angst. In meinem schlafentwöhnten unreinen Gesicht formen bleiche Lippen Vokabeln. Ich selbst lausche was ich knarzend mitzuteilen versuche. „Ich kann nicht mehr...bin ausgezehrt und neben der Spur...mich frisst das alles auf...wollte doch nur meine Fähigkeiten nutzen und gute Arbeit leisten...niemandem was Böses...niemandem...ich kann nicht mehr...mir tut alles so leid...!“ Schluchzend gleite ich in einen Dämmerschlaf, nur ermöglicht durch die gestreichelte Zärtlichkeit meiner Frau. Sie ist komplett um den Schlaf gebracht.

Selbstständigkeit, eigene Firma, die große Freiheit und Unabhängigkeit. Es war nicht potentieller Reichtum der lockte. Der Arbeitsmarkt war grausam, Festanstellung wenn überhaupt greifbar, mies bezahlt und in meinem Metier mit einem schäbigen Umfeld abgerundet. Werbung rekrutiert ihr Personal aus Charakteren zwischen Gebrauchtwagenhändler und Hütchenspielern. Dort sah ich mich, meine moralisch-ethischen Grundsätze und mein Talent fehlinvestiert. Zwei Praktika untermauerten diese Ahnung nur. Etliche Kundenanfragen und gewillte Mitstreiter, die schon lang als Freunde oder Bruder meinen Lebensweg begleiteten, mündeten in der eigenen Firma. Eine Adresse außerhalb jeglichen Wohnraums, Basisequipement und ein stimmiger GbR-Vertrag waren schnell gefunden. Der Luxus kreditfrei zu starten wurde mit üppigem Gehaltsverzicht realisiert. Kombiniert mit dem wöchentlichen Stundenaufwand, für den die IG-Metall drei Schlosser addieren müsste. Wir waren fünf, hocheuphorisiert und zeugten gemeinsam ein Baby. Parallel wurde für ein Überleben gekellnert, auf dem Bau geholfen, Nachhilfe gegeben. Aber wir waren frei. In kürzester Zeit lernten wir ungefragt den Bund deutscher Steuerzahler, die GEZ, die Berufsgenossenschaften, alle gewerblichen Adresseinkäufer, die Feuerwehr, sämtliche Versicherungsgesellschaften und andere parasitäre Institutionen kennen. Unsere Hausbank zeigte sich schnellstmöglich höchstzickig und trotz spürbarem Umsatz genossen wir die Kreditwürdigkeit eines minderjährigen El-KaidaJüngers. Nichts desto trotz wurden oft unterbezahlte Aufträge im Akkord gegen wenig Bares und umso mehr Lob in Referenzen verwandelt. Am Horizont war Erfolg sichtbar, der ein lebenswertes Auskommen zumindest andeutete. Gleichzeitig zeigte sich, wie mannigfaltig sich Belastbarkeit unterscheiden kann. Selbstverschuldete Krisen fanden Nährboden in Unzuverlässigkeit, gekränkten Eitelkeiten und Hierarchiegezeter Einzelner. Freunde sind nicht zwingend die besten Mitgesellschafter. Irgendwie zusammengerauft wurde die stürmische Startphase durchstanden. Professionellere Strukturen und bedingungslose Entscheidung pro Unternehmertum hingegen lichteten unsere Reihen. Erstaunlicherweise können Menschen sich extrem tief für Niedriglohnjobs bücken und dortige Regularien ertragen und leisten. Für sich selbst wird die vermeintliche Freiheit aber oft zwanglos ausgelebt und mündet in Ablenkung und Ineffizienz. Daraus resultierende fehlende Geldeingänge erzeugen Panik und noch mehr Lähmung. Ich hingegen sehe die Chance eines eigenen Unternehmens als Pflicht zum Erfolg. Dafür gilt es einiges an Aufwand zu leisten und Verzicht zu üben. Freizeit, Einkommen, soziale Kontakte all die geliebten Dinge war ich bereit temporär zu opfern für ein Leben in Unabhängigkeit. Leider ist es schwer zusätzlich zu diesem Aufwand, stets Euphorie zu stiften, mit zu reissen und zu motivieren. Auch sah ich mich nicht im Stande, gleichberechtigten Partnern auf die Finger zu schauen. Hätte ich besser tun sollen, denn irgendwann vermengen sich alle worst cases zu einem erdrückenden Supergau, der dich bis tief in den Schlaf verfolgt und Todesängste verursacht.

Die addierten Fehlentwicklungen lassen sich schnell umreissen. Als motiviertes Jungunternehmen, gilt es zunächst eine Menge langfristiger Dienstleistungsverträge zu unterzeichnen. Von Telekommunikation über Bürofläche zu Technikleasing kommt schnell eine fünfstellige Gesamtverpflichtung zusammen, zahlbar in den nächsten zwei Jahren. An sich kein Problem, denn zu fünft haftet man gemeinsam und avisierte Einkünfte und Kontakte stehen angemessen gegenüber. Die anfänglichen Investitionen reduzieren zurückgelegte Summen auf ein weiteres Minimum, also stürzt man sich voller Tatendrang in eine Flut an Aufträgen. Der Tatendrang ist allerdings nicht gleichmäßig verteilt und während der Eine seine Krankheit auskuriert, leidet die Andere an Liebeskummer und aufkeimenden Depressionen, der Dritte manifestiert sein Suchtverhalten und die Manpower reduziert sich enorm. Klärende Gespräche schaffen neuen Zeitmangel, derweil die Kunden ihre Deadlines zwingend nach vorn verlegen müssen. Trotzdem wirft einen so leicht nichts aus der Bahn, ready to rumble steht man schwitzend im Ring und gibt sein Bestes - davon nicht zu wenig und höchst aufopfernd. Wohlwissend, dass bald Rechnungen gestellt werden können, die all diesen Aufwand vergessen machen, die die Leiden der Kollegen mindern, die neues ermöglichen, torkelt man durch die ersten Monate. Es läuft, die Kunden sind begeistert, die Aufträge werden größer, die Referenzen glänzen, die Stimmung ist am Zenith, kippt, stirbt. Der Einbruch kommt unaufhaltsam. Ein jeder Tag, neuer Schlag in die Magengrube. Interne Streitigkeiten in Form von Hierarchiegezicke koppeln sich an Leistungsabfall. Unerwartete Rechnungen in erschreckender Höhe trudeln ein, während parallel ein Anwalt seine Abmahnwelle über uns rollen lässt. Ein Mitgesellschafter bricht psychisch zusammen und verschwindet monatelang in der Versenkung, sein Aufgabenbereich muss extern befriedigt werden. Ein Kunde stellt sich als Hochstapler heraus, jeder Versuch ihn zu belangen mündet lediglich in Mehrkosten, die unser Anwalt und das Rechtssystem generiert. Zu allerletzt muss der erfolgversprechendste Kunde, vor Rechnungsausgleich, Insolvenz anmelden - ein riesiger Wasserschaden war durch seine Versicherung nicht gedeckt. Die Liste bleibt unvollständig, zeigt aber die Tendenzen auf, in denen man sich auf einmal wiederfindet. Unterstützung gibt es keine. Weder Hausbank noch Staat bieten Hilfe, die Verwandten und Bekannten sind erschöpft. So steht man auf einmal quasi allein vor dem Scherbenhaufen seiner vermeintlichen Existenz. Die potentiellen und sogar schon erarbeiteten Erträge in notwendiger Höhe lösen sich auf, wie Steak in Cola. Dem gegenüber tragen sämtliche Rechnungen und Verpflichtungen eine stattliche Summe zusammen, mit der andere, wohlhabendere Menschen einen Prosche erstehen könnten. Freundschaften, langjährig aufgebaut, zereiben sich und im Privaten wird der Vermieter, ob der zweiten ausgebliebenen Miete nervös und entschließt sich zur Kündigung.

Und so erwachte ich...manch schweißnasse Nacht...getrieben von der Sehnsucht nach besseren Zeiten und belehrt vom Hammer der Realität.

Mittwoch, 16. Januar 2008

Cartuning deluxe

Testosteronschüben sei Dank, birgt gerade die spätpubertäre Phase eines jeden Mannes enorme Affinität zu motorisierten Gefährten. Klassische Separation hat vor allem mit dem Objekt der Begierde zu tun. Grob gesagt gibt es in dieser Lebensphase Vorlieben für entweder Protzkarren, Prollkisten oder Old- und Youngtimer. Der kleinste gemeinsame Nenner ist wohl in Colt Seavers Pickup, dem GMC Sierra Grande, zu finden.
In dem Moment, wo es finanziell möglich wäre, seine motorisierten Träume zu realisieren, hat sich das Bild allerdings meist gewandelt. Welch finsterem Synapsenverschub es zu verdanken ist, einen peinlichen Mittelklassewagen ohne Charakter zu kaufen, ist nicht geklärt. So spießen viele mittelalte Männer in ihrem mausgrauen Vehikel durch den Stadtstau. Lediglich ihr wehmütiger Blick in Gegenwart jugendlicher Träume, lässt erahnen, dass Sie sich mental kastriert haben.
Ich selbst fühlte mich schon immer zu betagteren Karosserien hingezogen. Heckspoiler oder Böser Blick, konnten mein Herz nie wirklich erwärmen. Eher fühlte ich mich amüsiert, beim Anblick eines untermotorisierten Schaf im Wolfspelz mit Neonlackierung. Hamburgs Parkplatzsituation und meinem schmalen Geldbeutel verdankte ich in den ersten Jahren mit Führerschein meine radsportharten Waden. Doch in dem Moment, wo mein Kontostand darum bettelte vier Räder zu finanzieren, musste ich mich mit der Thematik auseinandersetzen. Es wäre all zu leicht gewesen, einen schmucken Neuwagen zu erwerben und mit modernstem Fahrkomfort durch den Elbtunnel zu brettern. Doch so leicht wollte ich es mir nicht machen. Zudem lockte der Atlantik - Wellen, Brettsport und angebrannte bezaubernde weibliche Wesen. Ein wirklich schicker Bulli sollte es sein, topausgebaut, mit optimierter Leistung und zuverlässig. Weder die üblichen Online-Portale noch die Händler um die Ecke, wollten meinen Wunsch befriedigen. Also musste ein völlig unüblicher Ansatz her.
Der Zufall brachte die Lösung. Einer der seltenen Besuche in meiner Vergangenheit, ließ mich auf der warzigen Couch meines ehemaligen Mitschülers landen. Zuviel Bier und unnütze Spiele auf der Playstation machten die Zunge locker. Mein Kollege, ich nenne ihn an dieser Stelle einfach mal Hermann, war seinen unsäglichen Cannabiskonsum leid und die dadurch resultierende Arbeitslosigkeit auch. Als gelernter KFZ-Mechaniker, war er genau der richtige Mann. Denn aus früherer Erfahrung wusste ich um seine bedingungslose Euphorie für Projekte, die ihn forderten. In unmittelbarer Nähe zu meiner Gewerbe-Wohnloft-Apparatur, fand sich eine heruntergekommene und verwaiste Autowerkstatt samt großem Vorplatz und einem höchst dankbaren Vermieter. Der Vertrag war flugs unterschrieben, mein Quadratmeterbestand verdreifachte sich in den zwei Sekunden die mein Füller übers Papier tanzte. Ich war nun Mieter einer Werkstatt und hatte einen hochmotivierten Exkiffer zu beschäftigen. Dieser konnte sich zunächst durch sämtliche Portale wühlen und erwarb für mich nicht einen, sondern ganze sieben Bullis einer Baureihe. Das Modell T2 stapelte sich nun auf meinem Hof. Verschiedenste Zustände, von abgewrackt über verbastelt bis hin zu fahrbereit, war alles zu finden. Hermanns Aufgabe war es nun, aus der tonnenschweren Blechlast, die maximale Anzahl an bestrestaurierten Augenweiden zu zaubern. Vater Staat honorierte mir Hermanns Festanstellung und er selbst war in Anbetracht des spürbar übertariflichen Gehalts mehr als motiviert. Die Firmenbeteiligung überreichte ich ihm erst nach unserem Jubelbesäufnis, zur Feier meines fertiggestellten Urlaubsmobils. Ein Bierdeckel bildet nunmehr die Vertragsgrundlage für unsere gemeinsame Firma.
Mit ein wenig Ersatzteilzukauf und etlichen Arbeitsstunden, konnten die sieben Wracks in fünf hochwertige Schmuckstücke und ein umfassendes Ersatzteillager verwandelt werden. Der Abverkauf rechtfertigte alle Investitionen. Ich war nun Besitzer eines quasi geschenkten Bulli in Topzustand, Hermann in Anstellung und parallel hatte ich versehentlich ein neues Gewerbe für meine Steuererklärung. Florierend und maskulin duftend.
Der Atlantik war die rechte Belohnung...nur das Sturmtief hätte sich etwas zurückhalten dürfen.

Sonntag, 13. Januar 2008

Der erste Euro ohne Arbeitsstunde

Nach unten geht es schnell auch ohne viel eigenes Verschulden. In Hamburg lebend kann die Absicht, den Wohnsitz zu ändern eine schwere Katastrophe bedeuten. Als die Hauptmieterin meiner WG ihren Auszug plante, wollte der Vermieter den Vertrag nicht übertragen. Es folgten demütigende Wohnungsbesichtigungen auf einem vollends abgegrasten Markt. An sich würde niemand freiwillig Quadratmeterpreise von 12 Euro in Kauf nehmen, noch dazu in abgelegenen Vierteln. Schon gar nicht unsaniert und mit Altlasten, wie Nachtspeicherheizung und Einfachverglasung. Man wäre nicht erfreut für so ein miserables Angebot auch noch Courtage zu bezahlen. Doch saisonbedingt und dem hanseatischen Wohnungsmarkt Tribut zollend würde man all dies geknirscht akzeptieren. Dort allein liegt auch die Begründung, warum man sich zum zwölften Mal mit mehreren hunderten Mietinteressenten das Treppenhaus hinaufstapelt. Man fügt sich seinem Schicksal und doch ohne Erfolg. Das Ausmaß an Skepsis und Vorsicht von Vermieterseite, beziehungsweise derer Schergen in Makleruniform, ist exorbitant. Ohne Festanstellung, Lebensversicherung und reiches Elternhaus, wird maximal ein mitleidiges Lächeln angeboten. Für die Brücke als Alternative, geht es aber noch zu gut.
Wer im Immobilienteil ein wenig weiterblättert, stolpert zwangsläufig über die Gewerbeimmobilien. Hier stellt sich ein völlig anderes Bild dar. Größter Leerstand seit dem Krieg drückt die Preise in den Keller. Provisions- wie Mietfreiheit wird selbst in renommierter Lage in Aussicht gestellt.
In der Tierwelt ist der Makler ein Chamäleon. Eben noch - im Wohnraum - in Arroganz gehüllt und abschätzig lächelnd, macht er einem nun den Hof. Natürlich ist die Ausstattung verhandelbar, die Küche wird erneuert und Stäbchenparkett verlegt. Einzug ist sofort oder auch in fünf Monaten möglich. Als Sicherheit reicht eine Kaution. Bei acht Euro quadratmeterweise, elbnaher Lage im Grünen, wird einem wohlig warm ums Herz. Es ist natürlich offiziell verboten Gewerbefläche zu bewohnen, anmieten darf sie jedoch Jedermann. Taktisch klug legt man sich eine offizielle Meldeadresse bei Bekannten zu, allein schon, um wählen zu dürfen. Der eigentliche Nachteil einer Gewerbefläche, liegt in der meist sehr großen Abmessung. Nur schwer findet sich eine handliche Größe und so addieren sich die vielen Quadratmeter zu einer stattlichen Gesamtmiete. In meinem Fall kamen so für 125 qm stolze 1.000 Euro Warmmiete zusammen. Andererseits kostete mein WG-Zimmer zuvor auch schon üppige 470 Euro. Zudem konnte ich nun auch mein Büro aus einer Gemeinschaft lösen und fertig war mein Homeoffice. Meine schüchternen Einnahmen, wären niemals in der Lage gewesen diese Summe zu stemmen, doch die Zeit drängte und es gab keinen Ausweg, als es sich vom Munde abzusparen und das Rauchen einzustellen. Nach nur zwei Monaten in diesem Improvisationspalast, klopften die potentiellen Glücksmomente an die Tür - unverhofft und nicht eingeplant. Es war mein Onkel, der mich zu meinem Glück zwang. Dieser hatte, einem Ölkonzern sei Dank, eine gut dotierte Stelle im fernen Ausland angeboten bekommen. Die Befristung auf ein Jahr, veranlasste ihn, einerseits die Wohnung in Hamburg aufzugeben und andererseits nicht wirklich und in Gänze fort zu ziehen. Eher eine Art elegantes Hotelleben in der Exotik, mit gutbezahltem Karriereschub. Seine Möbel allerdings wusste er nicht so recht unterzubringen. Sie sollten vertraulich gelagert, aber nicht horrend teuer untergestellt sein. Viele Angebote gibt es nicht, so wandte er sich an mich, wohlwissend, dass mich viel leerer Raum umgab. Im Vergleich mit etlichen konventionellen Angeboten, waren die 200 Euro monatlich, die er mir in Aussicht stellte, für ihn eine wirkliche Ersparniss. Für mich jedoch hieß es fortan beträchtliche Mietschmälerung für ein gehobenes Wohnambiente. Sein Faible für Antikes und Designklassiker vertrug sich gut mit meinem bis dato recht spartanischem Wohngefühl und der Deal war gemacht. Glücklicherweise ist sein Vertrag nun mehrfach verlängert worden. Ich allerdings entdeckte auf einmal die Möglichkeit Geld durch besondere Umstände und nicht durch stundenweise Bezahlung zu generieren. Meine mittlerweile wirklich wohnliche und zum Loft mutierte Gewerbefläche, barg einiges Potential. Zunächst einmal, der nordgewandte, durch ein kleines Fenster nur minimal ausgeleuchtete Raum, den ich zuvor als Playstation-Spielhalle nutzte. Dieser war knapp 20 Quadratmeter groß und glänzte durch eine Deckenhöhe von 4,50 Metern. Dieser geldwerte Betonwürfel wurde nun kubikmeterweise feilgeboten. Zunächst nur mal testweise, ohne reale Absicht. Es zeigte sich jedoch schnell, dem Steuersystem sei Dank, ein großer Bedarf. Viele Kleinstunernehmen nutzten die Möglichkeit ihre Flächen von Ordnermassen zu befreien und stauten nur zu gern bei mir ein. Sofort wurde klar, dass ich nunmehr mietfrei wohnte, zwecks Absicherung, eine Einbruchdiebstahl, Feuer- und Wasserschadenversicherung abschließen, sowie der Struktur halber eine Buchhalterin beschäftigen konnte. Letztere kümmerte sich inklusive, sogar um all meine anderen Geschäftsvorgänge. Der Bonus jedoch war Mathilde, dieses zarte gutherzige Wesen fortgeschrittenen Alters brachte fortan und wöchentlich Glanz in meine Hütte. Ich hatte völlig unterschätzt, wieviel Reinigungsaufwand 125 Quadratmeter, gepaart mit Designermöbeln machen. Um vorgeworfener Dekadenz vorzubeugen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass diese Seele von einer Frau, weit über Tarif bezahlt wird und meinen absoluten Respekt genießt. Zudem brachte mein Heim nach wie vor, in seiner Größe begründet, genug stupide Arbeit auch für mich hervor.

Dienstag, 8. Januar 2008

Geißel des Stundenlohns

Dreißig Jahre Existenz, davon 17 mit regelmäßiger geldwerter Arbeit zugebracht, lassen mich zumindest ein Zwischenfazit erlauben: Stundenlohnbasierte Tätigkeit macht ganz sicher nicht reich.

Die optimistische, aber gänzlich unrealistische Rechnung zeigt den Fehler im System sehr deutlich auf. Gesetzt den Fall, man verdingt sich topqualifiziert und selbstständig, besitzt genug Kunden und Aufträge wirklich sechs Tagessätze zu je 1000 Euro wöchentlich in Rechnung zu stellen, ist man dem Reichtum weiterhin weiter entfernt als solidem Wohlstand. Ohne Urlaub, mit Sechs-Tage-Woche und bei keinerlei Ausgaben braucht es sogar dann noch über drei Jahre bis zum Grenzüberschritt, der psychologisch relevanten ersten Million. Die Unerfüllbarkeit, dieses Best-Best-Case, bei absolutem Freizeitverzicht, bedarf keiner näheren Ausführung. Deutlich wird, dass bezahlte Puckelzeit weder in Anstellung noch in Selbstständigkeit irgendeine finanzielle Krönung nach sich ziehen kann.

Fernab oben erwähnter Stunden- oder Tagessätze durchlief ich einige verschieden erschöpfende Karrierestationen, mit Bezahlung, die sich treffend in lausig, lausiger und entwürdigend klassifizieren lässt. Dass ich weiß, wie Arbeit, auch malochige, buchstabiert wird, zeigt sich in knapper, aber chronologischer Aufzählung (in Klammern der ca. Stundenlohn in Euro und das negativste Feature). Gern widme ich mich einigen Leidensfeldern an späterer Stelle noch mal pointiert und ausführlicher.

Lokalzeitung austragen (2,50 // minus 15° Grad)
Jugendinterviewer (10,00 // Wahrheitsverzerrung)
Packer im Supermarkt (5,00 // Schimmelware)
Komparserie (15,00 // arrogante Kleingeister)
Catering (6,00 // Gammelfleisch im Edelgewand)
Gasflaschenabfüllung und -auslieferung (6,00 // Explosionsgefahr und Gestank)
Zivildienst (1,00 // Entrechtung)
Einzelhandel (6,00 // Textilchemie und Klatschweiber)
Gastronomie (7,20 // Stresspeaks und Trinkgeldminimalisten)
Praktikum Design (1,50 // Überstunden und Blenderei)
Freelancing (40,00 // Zahlungsmoral und Oberflächlichkeit)

Reichtum, Unabhängigkeit und Ausgeglichenheit stellten sich derweil keineswegs ein. Lastschriftenrücklauf, Mahnwesen, Arbeit durch Krankheit, ungerechtfertigte Maloche und Loyalität waren die freudigen Bekannten dieser Zeit und ein Bewusstsein für den eigenen Minderwert, bzw. den der eigenen Leistung.




Montag, 7. Januar 2008

Speichellecker - oder wie ich lernte vermeintliche Vorbilder zu verachten

Man kommt nicht umhin, Erfolg, insbesondere finanzieller Art, führt zu Einladungen auf die aberwitzigsten Events. Der überwiegende Anteil entpuppt sich schon ohne ersten Blick, als oberflächlichste Selbstbeweihräucherung immer Glitzer-Glanz-Gewand. Oft zitiert, aber angemessen bezeichnet fplgende Floskel das Publikum: "Stock im Arsch ersetzt das Rückgrat".
Auch ich verirrte mich wider besseren Wissens leider einige Male zu oft dorthin. Anfänglich mit der üblichen Profilneurose ausgerüstet, sonnte man sich im vermeintlichen Glanz. James-Bond-Gesicht aufgesetzt und Martini schwenkend in der Ecke stehen und beobachten. Das ging anfänglich diskret und unverfänglich, bis man auf einmal tuschelnd mit "das ist übrigens der..." angeführt wurde. Fortan kriecht jeder noch so nichtsnutzige Blender aus seiner Grotte und straft einen ungefragt mit Banalitäten und Komplimentwut. Arroganz bewirkt leider ungewünscht ungeahnte Ehrgeizschübe. Selbst die vorsätzliche Verletzung des jeweiligen Dresscodes und unangemessene Promille bewirken keinerlei Distanz. Ich bin mehr als gewillt, mich den erlebten Mustern zu widersetzen, leider fehlt mir der notwendige Schweif um kuhgleich Schwärem von Schmeißfliegen zu verscheuchen. Einzig Meidung solcher Anlässe vergönnt innere Ruhe.
Erstaunlicherweise tummeln sich auf Hochglanzanlässen größtenteils, diejenigen die es noch nötig haben und zugehörige B-Prominenz. Wer es geschafft hat, hat echte Freunde - entweder noch oder loyal erarbeitet. Diese Herrschaften sind sich auch für aufrichtige und tiefe Gespräche nicht zu schade, wie ich an anderen Orten bemerken durfte. Hier findet man fern von Gier auch Anspruch und Bewusstsein und Freundlichkeit, wie sie sonst zu später Stunde in einer Eckkneipe erwartet wird.
Für mich taugen oben geschilderte Anlässe lediglich als Entertainment mit realsatirischen Zügen. Ungeniert und mit unangemessener Begleitung konzentriere ich mich voll auf die Maximierung meines eigenen Amusements. Aufrichtigkeit, Loyalität und nachdenkliche Fragen findet man dort niemals.

Donnerstag, 3. Januar 2008

Who links to me?

Momentaufnahme

Ein Blick in die Gegenwart, sollte aufzeigen, welch minimale Veränderungen, finanzielle Sicherheit mit sich bringen. Zumindest findet keine 180° Drehung statt. Vielmehr kann ich mir nun endlich den Lebensstandard leisten, den ich vorher zwar zu leben versuchte, aber nur mit größter Mühe, viel Geschiebe und abwechselnder Totalaskese führen konnte.
Ich erinnere mich noch an die Gänsehaut, die mich heimsuchte, wie erstmals die schwarze Zahl mit fünf Nullen ins Saldofeld des Kontoauszuges gedruckt wurde. Das war zu einem Zeitpunkt, wo ich schon sicher wusste, dass dies nur der Anfang sei und ich mich daran gewöhnen muss lange Zahlen zu lesen. Dieser Moment der Gewissheit ist jederzeit reproduzierbar. Schon damals war es als beobachte ich mich heimlich selbst über meine eigene Schulter. Als Junior wären fortan fulminante Träume auf vier Rädern und karibische Palmen als Kompensator in Frage gekommen. Aber anders als ein Lottogewinn, überrannte mich die Summe nicht gänzlich unerwartet. So drang mein Minimal-Spießer in mir durch und der Kauf meiner winzigen, aber doch gemütlichen Wohnung wurde eingeleitet. Ansonsten fand keine offensichtliche Veränderung statt. Kein Armanianzug, keine Luxusspielzeuge. Was sich wirklich änderte war meine Esskultur und der zugehörige Kühlschrankinhalt. Wider Erwarten hab ich nicht auf Hummer, Sekt und Kaviar umgesattelt. Nein, eine kompakte Kühltruhe war fortan mein Eigentum. Gefüllt mit beutelweise lleingeschnittenen Früchten. Diese, mein Stabmixer und diverse Milcherzeugnisse konnten mich mit Frische überzeugen und weit weg von Retortengetränken aus dem Hause Müller bringen. Überhaupt hat meine Küche in der Zeit wohl die meiste Veränderung erlebt. Messer die schneiden, Pfannen die taugen - ein klein wenig Perfektion für die Nahrungsbereitung. Perfektion, die ich vorher nur vom Munde absparen konnte.
Frei von Finanzsorgen und mit etwas flexiblerer Freizeit ausgestattet, hat so mein Körper am allermeisten Vorteil ziehen können. Früher eher ungelegen, führe ich mich nun eher sportiv an meine Belastungsgrenzen. Meine Gelenke schwärmen vom neuen Schuhwerk, Reisen ermöglichen völlig neue Eindrücke beim Klettern und mein Körper dankt es mir. Viel zu lang ging der unumgängliche Raubbau zuvor. Nun ist Zeit für Regeneration.

Mittwoch, 2. Januar 2008

der sinnvollste Einstieg

Die Einrichtung eines eigenen Bloggs bereitet weit weniger Mühe, als die regelmäßige und sinnvoll strukturierte Befüllung des Selbigen. Mein Thema ist an sich eine Momentaufnahme, doch bedarf es vorab einiger Hintergrundinformationen und Blicke in die Vergangenheit. Allein schon das Anliegen nicht als stumpfer Snob verkannt zu werden, lässt mich meine Zeilen mit Vorsicht verfassen.
Es scheint angemessen mit einem Rückblick zu beginnen und die unteren Sprossen der Leiter etwas auszuleuchten. Mein Leben ist durchsetzt mit Tälern und es gibt ein paar sehr spürbare Talsolen, die mich haben spüren lassen, was "Unten" ist. Es erscheint mir vermessen und übertrieben hierbei irgendwelche Vergleiche zu real existierendem Elend zu zu ziehen. Denn bei allem selbsterlebten Leid, ist dies zwar subjektiv mehr als aufreibend gewesen, doch natürlch ein Nichts im Vergleich zu fundamentaleren Problemen. Auch ohne reiches Elternhaus, war mein Leben in einer deutschen Großstadt, ergänzt um halbwegs vernünftige Schulbildung, immer doch irgendwie weich gepolstert. So ähneln meine Rückblicke eher sentimentalen Anekdoten als herzzerreissenden Kriegsgeschichten.
Sehr wohl, weiß ich allerdings aus Studienzeiten, den gefühlten Wert von Leergut zu schätzen. Ein einsamer Morgen in meiner damaligen WG traf auf einen wirklich hungrigen Magen. Der Kühlschrank beinhaltete lediglich abschreckende Düfte und nasskalte Luft. Die überdimensionierte Weinflasche in der ich Kleingeld bis 10-Pfennig-Münzen sammelte, war längst wieder durchsichtig und in meinen Taschen lediglich zerknüllte Fahrkarten und Kassenbons. Die altbewährte Notlösung Elternhaus, weilte in der Ferne im Urlaub und der Kontoauszugsautomat lächelte mich höhnisch an. Menschen die wahren Hunger kennen mögen mich belächeln, doch mir ging es nicht gut mit dem Gedanken frei von Nahrung meine nächsten Tage zu verbringen. Glücklicherweise konnte unsere Wohnung mit einem Minibalkon und liebgewordener Unordnung aufwarten. Pure Faulheit sorgte für ein ansehnliches Häufchen Leergut in balkonisierter Südlage. Die Entdeckung von hochwertigen PET-Flaschen sorgte für Herzrasen. Dieser Haufen Edelmüll ließ sich in circa zwei Mark fünfzig verwandeln, welche man geschickt in maximale Nährwerte verzaubern konnte. Zwei Pakete Nudeln und Dosengemüse, gepaart mit noch vorhandenem alten Olivenöl und pappigen Zwiebeln der Mitbewohnerin, konnten mich drei Tage auf den Beinen halten. Dieselbe Mitbewohnerin vererbte mir vor ihrem Urlaub einen Kleinstrest Krümeltabak und verklebte Blättchen. Die alte halbvolle Flasche Billig-Rotwein mit Leitungswasser gestreckt, rundete mein Festmahl in romantischer Abendsonne ab. So gestärkt, hatte ich auch wieder die notwendige Kraft mich der Sortierung von Mahnungen und Rechnungen zu widmen. Sortierung nach aufgebauter Drohkulisse und realistischer Rückzahlsumme.
Während Freunde, Bekannte und Familie, sich mit der Röstung ihrer Hautoberfläche in mediteraner Lage beschäftigten, konnte ich mich ganz auf fundamentale Richtungsentscheidungen für mein Leben konzentrieren. Denn trotz aller Askese-Romantik, ein dauerhaft angestrebter Status Quo sieht anders aus. Es ist gut zu wissen, wie oft man Heißwasser durch einen schon benutzten Kaffeefilter gießen kann und das Endergebnis sich zumindest noch stückweise braun färbt und Kaffeegeschmack erahnen lässt. Auch die Erfahrung, dass ein Bruchteil des Waschpulvers ausreicht, um die Wäsche zumindest vom Gestank zu befreien, ist nicht zu verachten. Aber eine Zukunft, weit weg von Dispoabhängigkeit, mit Frische im Kühlschrank war damals wirklich verlockend.
Tatsächlich ist der Hauptlerneffekt, dass man merkt, dass Lebensqualität von Innen kommt und die Summe des benötigten Kleingelds auf ein absolutes Minimum geschrumpft werden kann.