Dienstag, 8. Januar 2008

Geißel des Stundenlohns

Dreißig Jahre Existenz, davon 17 mit regelmäßiger geldwerter Arbeit zugebracht, lassen mich zumindest ein Zwischenfazit erlauben: Stundenlohnbasierte Tätigkeit macht ganz sicher nicht reich.

Die optimistische, aber gänzlich unrealistische Rechnung zeigt den Fehler im System sehr deutlich auf. Gesetzt den Fall, man verdingt sich topqualifiziert und selbstständig, besitzt genug Kunden und Aufträge wirklich sechs Tagessätze zu je 1000 Euro wöchentlich in Rechnung zu stellen, ist man dem Reichtum weiterhin weiter entfernt als solidem Wohlstand. Ohne Urlaub, mit Sechs-Tage-Woche und bei keinerlei Ausgaben braucht es sogar dann noch über drei Jahre bis zum Grenzüberschritt, der psychologisch relevanten ersten Million. Die Unerfüllbarkeit, dieses Best-Best-Case, bei absolutem Freizeitverzicht, bedarf keiner näheren Ausführung. Deutlich wird, dass bezahlte Puckelzeit weder in Anstellung noch in Selbstständigkeit irgendeine finanzielle Krönung nach sich ziehen kann.

Fernab oben erwähnter Stunden- oder Tagessätze durchlief ich einige verschieden erschöpfende Karrierestationen, mit Bezahlung, die sich treffend in lausig, lausiger und entwürdigend klassifizieren lässt. Dass ich weiß, wie Arbeit, auch malochige, buchstabiert wird, zeigt sich in knapper, aber chronologischer Aufzählung (in Klammern der ca. Stundenlohn in Euro und das negativste Feature). Gern widme ich mich einigen Leidensfeldern an späterer Stelle noch mal pointiert und ausführlicher.

Lokalzeitung austragen (2,50 // minus 15° Grad)
Jugendinterviewer (10,00 // Wahrheitsverzerrung)
Packer im Supermarkt (5,00 // Schimmelware)
Komparserie (15,00 // arrogante Kleingeister)
Catering (6,00 // Gammelfleisch im Edelgewand)
Gasflaschenabfüllung und -auslieferung (6,00 // Explosionsgefahr und Gestank)
Zivildienst (1,00 // Entrechtung)
Einzelhandel (6,00 // Textilchemie und Klatschweiber)
Gastronomie (7,20 // Stresspeaks und Trinkgeldminimalisten)
Praktikum Design (1,50 // Überstunden und Blenderei)
Freelancing (40,00 // Zahlungsmoral und Oberflächlichkeit)

Reichtum, Unabhängigkeit und Ausgeglichenheit stellten sich derweil keineswegs ein. Lastschriftenrücklauf, Mahnwesen, Arbeit durch Krankheit, ungerechtfertigte Maloche und Loyalität waren die freudigen Bekannten dieser Zeit und ein Bewusstsein für den eigenen Minderwert, bzw. den der eigenen Leistung.




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