Mittwoch, 2. Januar 2008

der sinnvollste Einstieg

Die Einrichtung eines eigenen Bloggs bereitet weit weniger Mühe, als die regelmäßige und sinnvoll strukturierte Befüllung des Selbigen. Mein Thema ist an sich eine Momentaufnahme, doch bedarf es vorab einiger Hintergrundinformationen und Blicke in die Vergangenheit. Allein schon das Anliegen nicht als stumpfer Snob verkannt zu werden, lässt mich meine Zeilen mit Vorsicht verfassen.
Es scheint angemessen mit einem Rückblick zu beginnen und die unteren Sprossen der Leiter etwas auszuleuchten. Mein Leben ist durchsetzt mit Tälern und es gibt ein paar sehr spürbare Talsolen, die mich haben spüren lassen, was "Unten" ist. Es erscheint mir vermessen und übertrieben hierbei irgendwelche Vergleiche zu real existierendem Elend zu zu ziehen. Denn bei allem selbsterlebten Leid, ist dies zwar subjektiv mehr als aufreibend gewesen, doch natürlch ein Nichts im Vergleich zu fundamentaleren Problemen. Auch ohne reiches Elternhaus, war mein Leben in einer deutschen Großstadt, ergänzt um halbwegs vernünftige Schulbildung, immer doch irgendwie weich gepolstert. So ähneln meine Rückblicke eher sentimentalen Anekdoten als herzzerreissenden Kriegsgeschichten.
Sehr wohl, weiß ich allerdings aus Studienzeiten, den gefühlten Wert von Leergut zu schätzen. Ein einsamer Morgen in meiner damaligen WG traf auf einen wirklich hungrigen Magen. Der Kühlschrank beinhaltete lediglich abschreckende Düfte und nasskalte Luft. Die überdimensionierte Weinflasche in der ich Kleingeld bis 10-Pfennig-Münzen sammelte, war längst wieder durchsichtig und in meinen Taschen lediglich zerknüllte Fahrkarten und Kassenbons. Die altbewährte Notlösung Elternhaus, weilte in der Ferne im Urlaub und der Kontoauszugsautomat lächelte mich höhnisch an. Menschen die wahren Hunger kennen mögen mich belächeln, doch mir ging es nicht gut mit dem Gedanken frei von Nahrung meine nächsten Tage zu verbringen. Glücklicherweise konnte unsere Wohnung mit einem Minibalkon und liebgewordener Unordnung aufwarten. Pure Faulheit sorgte für ein ansehnliches Häufchen Leergut in balkonisierter Südlage. Die Entdeckung von hochwertigen PET-Flaschen sorgte für Herzrasen. Dieser Haufen Edelmüll ließ sich in circa zwei Mark fünfzig verwandeln, welche man geschickt in maximale Nährwerte verzaubern konnte. Zwei Pakete Nudeln und Dosengemüse, gepaart mit noch vorhandenem alten Olivenöl und pappigen Zwiebeln der Mitbewohnerin, konnten mich drei Tage auf den Beinen halten. Dieselbe Mitbewohnerin vererbte mir vor ihrem Urlaub einen Kleinstrest Krümeltabak und verklebte Blättchen. Die alte halbvolle Flasche Billig-Rotwein mit Leitungswasser gestreckt, rundete mein Festmahl in romantischer Abendsonne ab. So gestärkt, hatte ich auch wieder die notwendige Kraft mich der Sortierung von Mahnungen und Rechnungen zu widmen. Sortierung nach aufgebauter Drohkulisse und realistischer Rückzahlsumme.
Während Freunde, Bekannte und Familie, sich mit der Röstung ihrer Hautoberfläche in mediteraner Lage beschäftigten, konnte ich mich ganz auf fundamentale Richtungsentscheidungen für mein Leben konzentrieren. Denn trotz aller Askese-Romantik, ein dauerhaft angestrebter Status Quo sieht anders aus. Es ist gut zu wissen, wie oft man Heißwasser durch einen schon benutzten Kaffeefilter gießen kann und das Endergebnis sich zumindest noch stückweise braun färbt und Kaffeegeschmack erahnen lässt. Auch die Erfahrung, dass ein Bruchteil des Waschpulvers ausreicht, um die Wäsche zumindest vom Gestank zu befreien, ist nicht zu verachten. Aber eine Zukunft, weit weg von Dispoabhängigkeit, mit Frische im Kühlschrank war damals wirklich verlockend.
Tatsächlich ist der Hauptlerneffekt, dass man merkt, dass Lebensqualität von Innen kommt und die Summe des benötigten Kleingelds auf ein absolutes Minimum geschrumpft werden kann.

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