Sonntag, 3. Mai 2009

Umlagefinanzierte Rentenversicherung und Anne Will

Ja mein Sonntag abend war geprägt von Langeweile. Nach etwas Zeitvertreib mit einem unterhaltsamen Kieler Tatort, blieb ich im Ersten hängen. Anne Will, ihre üblichen Verdächtigen und ein erschöpfend diskutiertes Thema: die Rente. Wie zu erwarten treffen die geübten Fronten aufeinander, gezielt mit Klischee-Trägern besetzt. Die Diskussion im Kreis hätte ich bei abgeschaltetem Ton in Echtzeit und nah am Wortlaut synchronisieren können.

Ich habe in meinen 31 Lebensjahren nur wenige Monate Renten-Beiträge geleistet, es werden kaum weitere folgen. Obwohl ich für mein Alter selbst vorsorgen muss, bin ich dennoch für ein staatlich gelenktes Solidaritätsmodell. Hier liegt auch der Grund, warum ich nach wie vor in eine überteuerte gesetzliche Krankenkasse einzahle, anstatt günstig eine Garantie für den Chefarzt zu erwirken. Die eigentlich Rentenproblematik ist mir also fremd, mir wird mein monatliches Einkommen nicht durch Beiträge beschnitten und ich muss zum Lebensabend nicht auf staatliche Rente hoffen. Ich maße mir dennoch eine Meinung zu dem Thema an.

Als Jüngling ahne ich schon, dass die Kritik an meinen Aussagen direkt auf mein zartes Alter zurückgeführt wird. Dem widerspreche ich gern gleich zu Beginn. Ich bin naiver Verfechter von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit auf allen Ebenen, also auch zwischen den Generationen und im sozialen Bereich. Schau ich objektiv auf die aktuelle Situation komme ich nicht umhin die jetzige Rentnergeneration als Profiteure der Geschichte und demografischen Entwicklung zu bezeichnen (ich klammere bewusst jeglichen Zusammenhang mit den Weltkriegen aus). Ein Rentner im Jahre 2009 wurde vor 1944 geboren, so er keinen Sonderstatus besitzt. Dieser Rentner hat eine zuvor nie dagewesene Lebenserwartung und Gesundheitsabsicherung. Im Unterschied zu vorigen Generationen wird seine Rentenzeit wesentlich verlängert sein und in der Gesamtsumme spürbar größer.

Seine Jugend und sein Erwachsenenleben verbrachte der Rentner (außer er gehört zu den wenigen Hundertjährigen und noch älteren) in Zeiten des Wirtschaftswunders, bei niedriger Arbeitslosigkeit, wachsendem Sozialstaat, kostenloser Bildung, knapper Inflationsrate und einem Arbeitsmarkt, der willig einstellte ohne vorab hohe Abschlüsse und Dauerpraktika zu verlangen. Für jede oder gar keine Qualifikation gab es berufliche Perspektiven, welche wesentlich früher zu sozialversicherungspflichtigen Anstellungen führten.

Die Kosten für die Altersversorgung seine Eltern waren im Durchschnitt überschaubar. Diese erreichten nur selten ein ähnlich hohes Lebensalter, wie heute üblich. Seine Kinder gingen umsonst zur Schule und konnten ohne Gebühren studieren. Vom Bruttogehalt blieb - anders als heute - ein spürbar höheres netto übrig; er hatte mehr von seinem Verdienst, musste weniger für seine Verwandschaft ausgeben und kein unsicherer Arbeitsmarkt schmälerte seine Lebensarbeitszeit.

Keine andere Generation wird die oben genannten Vorzüge jemals im geschilderten Ausmaß erleben. Für die Zeit vor der Rente sprechen aktuelle Fakten, die die jetzt 20-60Jährigen umgeben. Völlig veränderte Situationen im Rentenalter lassen sich mit banalster Mathematik und ohne Zauberkugel vorhersagen.

Die Rentenpolitik heute und der letzten Jahre ignoriert diese Entwicklung bewusst und vertagt eine Eskalation auf noch undankbarere Zeitpunkte. Unsere Gesellschaft wird heftigste Probleme bekommen, wenn sie nicht zuvorderst die Rentensituation klärt und im gleichen Atemzug Rücksicht auf die völlig neuen Veränderungen im Bereich Schule, Bildung, Arbeitsmarkt und Lebensarbeitszeit reagiert.

Schade das Frau Will und ihre Talkrunde, aber auch unser Bundestag und die anhängenden Experten sich aus dem eigentlichen Problem so raushalten. In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass ich es selbst in der Hand hab meine Rente zu vermasseln oder eben nicht, zumindest hab ich Zeit meines Lebens selber Zugriff auf den Teil meines Einkommens, den ansonsten der Staat verprassen würde.

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