Per Geburt finde ich mich in einem bestimmten Segment der deutschen Gesellschaft wieder. Bestimmte Karriereschritte und Ausbildungswille werden von mir erwartet. Ein verstolperter Lebenslauf und Freiheitsdrang eher weniger. Nicht selten reagieren vor allem ältere Gesprächspartner sichtlich irritiert, wenn ich ihnen zu ehrliche und zu ausführliche Antworten auf Standardfragen nach dem Beruf und dem Status gebe. Den zugehörigen Erfolg und somit erbrachten Beweis anderer Lebensmodelle und ihrer möglichen Vorteile, empfinden diese als persönliche Beleidigung. Meine Toleranz gegenüber ihrem "klassischen" Lebensentwurf werten sie, nur zu gern, als Arroganz im Sommerkleid.
Erstaunlich, wenn man sich bemüht jegliche Anzeichen von Dekadenz, Geprotze und Faulheit verbietet. Glücklicherweise nagen solche Situationen nicht an meinem Selbstbild. Weder muss ich Lieblingsschwiegersohn sein, noch bin ich gefallsüchtig.
Soziales Engagement - momentanes Lieblingsinstrument für eine erfolgreiche corporate Identity - findet sich immer werbewirksamer platziert, bis Hoch in die Dax-Unternehmen. Auch ich mache mich nicht frei davon, bin allerdings egoistisch. Es wäre denkbar einfach, sich mit Geldtransfers an die richtigen Träger freizukaufen. Der vielzitierte vierzehnte Artikel aus dem Grundgesetz, erfüllt sich auf diese Weise aber noch nicht. "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll Zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen" heißt es dort. Ein denkbar simpler Auftrag an sich und auch ohne herzzerreissendes Gutmenschen-Verhalten zu erfüllen. Im Grunde besagt der Gesetzestext nichts weiter, als das Besitzstand bewegt werden will. Denn Geld im Fluss streift in jedem Fall durch viele Hände, auch weniger Betuchter Gesellschaftsteile. Ausgeben nicht sparen - gern im gesunden Maße - heilt eine Gesellschaft. Die unteren zwei Drittel tun dies notgedrungen, doch im Finanzadel häuft sich totes Kapital - der Gesellschaft entzogen. Idealerweise lenkt und unterstützt man mithilfe seiner Ausgaben erstrebenswerte Tendenzen. Der Kauf eines Bio-Apfels beim Kleinbauern um die Ecke, dient dem Wohl der Gesellschaft wohl mehr, als einem billig verramschten DVD-Player aus dem Sweatshop.
Flugs senkt sich der moralisierende Zeigefinger und macht Platz für meine Version sozialen Engagements, welches manch Bildunsspießer zusätzlich irritieren dürfte. Ich gönne mir Luxus, den Luxus meine potentielle Arbeitszeit nicht mehr ausschließlich dem Gelderwerb zu opfern. Die Erotik eines Büroarbeitsplatzes, wächst auch mit Loftbüro, Ledersessel und Hi-Tec-Schnickschnack nicht unermesslich. Nur zu gern stürze ich mich in Arbeiten, die auch Schweißperlen auf der Stirn und Bauchspeckabnahme erzeugen. Die soziale Komponente einiger Tätigkeiten entdeckt derjenige ehemalige Klassenkamerad verwirrt, wenn er mich mit einer Horde vorpubertierender Rotzgören im Museum, auf der Schnitzeljagd oder beim Buffen entdeckt. Für aufstrebende Jung-BWLer hat Kindeserziehung ähnliche Anziehung, wie der Besuch eines Punkfestivals. Doch ich habe mich bewusst und unerkannt, auf eine Minijobstelle in einem Kinderhort beworben. Es wurde eine männliche Bezugsperson für Hausaufgabenhilfe und Freizeitbeschäftigung gesucht, inklusiver knapp bemessenem Stundenlohn. Doch wo bekommt man erhlicheres und direkteres Feedback, als in den strahlenden Augen eines kindlichen Rabauken. Heimleitung, Kollegen und Kinder wissen nicht um meine eigentliche Realität und glücklicherweise stolpert in Person der Elternschaft bisher noch kein Bekannter über meinen Weg. So kann ich einfach nur eine engagierte Abwechslung in der Kindergartenwelt sein. Die karge Entlohnung landet auf Umwegen als Spende wieder auf dem Vereinskonto. Egoistischerweise mit dem Verwendungszweck "Ausflüge".
Genug der Eigenkomplimente.
Nun war ich überrascht. Tatsächlich häufen sich die Emails in meinem Postfach. Mit soviel Interaktion, hätte ich nie zu rechnen gewagt. Doch nun entdeckte ich einen Absender, den ich direkt zuordnen konnte - Kleine Welt im Www. Die Wege schnitten sich an anderer Stelle vor Ewigkeiten. Interessante Wirrungen, die sich hier ergeben.
Samstag, 2. Februar 2008
Gemeinnutz oder Pflicht?
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