Mittwoch, 16. Januar 2008

Cartuning deluxe

Testosteronschüben sei Dank, birgt gerade die spätpubertäre Phase eines jeden Mannes enorme Affinität zu motorisierten Gefährten. Klassische Separation hat vor allem mit dem Objekt der Begierde zu tun. Grob gesagt gibt es in dieser Lebensphase Vorlieben für entweder Protzkarren, Prollkisten oder Old- und Youngtimer. Der kleinste gemeinsame Nenner ist wohl in Colt Seavers Pickup, dem GMC Sierra Grande, zu finden.
In dem Moment, wo es finanziell möglich wäre, seine motorisierten Träume zu realisieren, hat sich das Bild allerdings meist gewandelt. Welch finsterem Synapsenverschub es zu verdanken ist, einen peinlichen Mittelklassewagen ohne Charakter zu kaufen, ist nicht geklärt. So spießen viele mittelalte Männer in ihrem mausgrauen Vehikel durch den Stadtstau. Lediglich ihr wehmütiger Blick in Gegenwart jugendlicher Träume, lässt erahnen, dass Sie sich mental kastriert haben.
Ich selbst fühlte mich schon immer zu betagteren Karosserien hingezogen. Heckspoiler oder Böser Blick, konnten mein Herz nie wirklich erwärmen. Eher fühlte ich mich amüsiert, beim Anblick eines untermotorisierten Schaf im Wolfspelz mit Neonlackierung. Hamburgs Parkplatzsituation und meinem schmalen Geldbeutel verdankte ich in den ersten Jahren mit Führerschein meine radsportharten Waden. Doch in dem Moment, wo mein Kontostand darum bettelte vier Räder zu finanzieren, musste ich mich mit der Thematik auseinandersetzen. Es wäre all zu leicht gewesen, einen schmucken Neuwagen zu erwerben und mit modernstem Fahrkomfort durch den Elbtunnel zu brettern. Doch so leicht wollte ich es mir nicht machen. Zudem lockte der Atlantik - Wellen, Brettsport und angebrannte bezaubernde weibliche Wesen. Ein wirklich schicker Bulli sollte es sein, topausgebaut, mit optimierter Leistung und zuverlässig. Weder die üblichen Online-Portale noch die Händler um die Ecke, wollten meinen Wunsch befriedigen. Also musste ein völlig unüblicher Ansatz her.
Der Zufall brachte die Lösung. Einer der seltenen Besuche in meiner Vergangenheit, ließ mich auf der warzigen Couch meines ehemaligen Mitschülers landen. Zuviel Bier und unnütze Spiele auf der Playstation machten die Zunge locker. Mein Kollege, ich nenne ihn an dieser Stelle einfach mal Hermann, war seinen unsäglichen Cannabiskonsum leid und die dadurch resultierende Arbeitslosigkeit auch. Als gelernter KFZ-Mechaniker, war er genau der richtige Mann. Denn aus früherer Erfahrung wusste ich um seine bedingungslose Euphorie für Projekte, die ihn forderten. In unmittelbarer Nähe zu meiner Gewerbe-Wohnloft-Apparatur, fand sich eine heruntergekommene und verwaiste Autowerkstatt samt großem Vorplatz und einem höchst dankbaren Vermieter. Der Vertrag war flugs unterschrieben, mein Quadratmeterbestand verdreifachte sich in den zwei Sekunden die mein Füller übers Papier tanzte. Ich war nun Mieter einer Werkstatt und hatte einen hochmotivierten Exkiffer zu beschäftigen. Dieser konnte sich zunächst durch sämtliche Portale wühlen und erwarb für mich nicht einen, sondern ganze sieben Bullis einer Baureihe. Das Modell T2 stapelte sich nun auf meinem Hof. Verschiedenste Zustände, von abgewrackt über verbastelt bis hin zu fahrbereit, war alles zu finden. Hermanns Aufgabe war es nun, aus der tonnenschweren Blechlast, die maximale Anzahl an bestrestaurierten Augenweiden zu zaubern. Vater Staat honorierte mir Hermanns Festanstellung und er selbst war in Anbetracht des spürbar übertariflichen Gehalts mehr als motiviert. Die Firmenbeteiligung überreichte ich ihm erst nach unserem Jubelbesäufnis, zur Feier meines fertiggestellten Urlaubsmobils. Ein Bierdeckel bildet nunmehr die Vertragsgrundlage für unsere gemeinsame Firma.
Mit ein wenig Ersatzteilzukauf und etlichen Arbeitsstunden, konnten die sieben Wracks in fünf hochwertige Schmuckstücke und ein umfassendes Ersatzteillager verwandelt werden. Der Abverkauf rechtfertigte alle Investitionen. Ich war nun Besitzer eines quasi geschenkten Bulli in Topzustand, Hermann in Anstellung und parallel hatte ich versehentlich ein neues Gewerbe für meine Steuererklärung. Florierend und maskulin duftend.
Der Atlantik war die rechte Belohnung...nur das Sturmtief hätte sich etwas zurückhalten dürfen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Interessant wie sich jemand um so was Nichtiges wie ein Auto soviele Gedanken macht. Frag doch mal den immer kränker werdenden Wald was er von deinem Artikel hält.