Donnerstag, 27. November 2008

Der Labrador mit Athroseschub - Lycos für 20 Cent

Ich erinnere mich an zugedröhnte Skandinaviar, die in Sportwagenkarawanen von Jetset-Party zu Szeneevent eilten. Sie genossen den Erfolg ihrer Internet-Megastar-Klitsche. 12 Millarden Dollar Marktwert und meistbesuchte Website Ende der 90er, eigentlich unmöglich, den Karren so an die Wand zu fahren. Nun winselt der schwarze Köter, der mich ansonsten omnipräsent aus allen Medien anhechelte. Was ein süßes Werbemaskottchen, zu Zeiten in denen das Internet ganz sicher keine Budgets für Offline-Werbemassnahmen hatte. Und jetzt gibt es die Pennystock-Aktie für knapp über 20 Cent für ein Unternehmen, welches 2007 mit knapp 700 Mitarbeitern immerhin 75 Millionen Euro umsetzen konnte. Dazu Telefonica SA und Bertelsmann als mächtige Anteilseigner. Aus dieser Position eigentlich ein schweres Unterfangen und mit üblichem Missmanagement unmöglich, das ehemalige Schlachtschiff zu versenken. Dagegen wirkt Yahoo weiterhin wie das Polarlicht.

Ich schimpfe über ein Internetunternehmen, welches schon 1994 gegründet wurde, den ersten Börsencrash überlebte und weiterhin irgendwie agierte und Umsätze generierte. Nun haben wir 2008 und die Welt überschlägt sich mit immer alberneren Unsummen für aberwitzige Web 2.0 Geldverbrenner. Nur Lycos konnte trotz 25 Mio Besucher im Monat das Ruder nicht rumreissen. Alle Trends verschlafen, viel zu unselektiert aufgestellt wirkt die Vernichtung des Projekt Lycos, wie Absicht. Wundervoll lesen sich die Zeilen im aktuellen Jahreszwischenbericht: "Aufgrund niederiger Umsatzentwicklung und sich verschlechternden wirtschaftlichem Klima wird LYCOS Europe das Kostenmanagement im vierten Quartal weiter straffen." Die böse Weltwirtschaftskrise erreicht also das Internet, Twitter und Facebook passt bloß auf.

Nun hilft kein Chappi mehr, der räudige Kläffer wird eingeschläftert. Das Gute dabei, die händeringend gesuchten Webentwickler bekommen auf einen Schlag 500 Mann Verstärkung. Willkommen Ex-Hundehalter, willkommen in der neuen Welt.

Am Rande:
Es wäre so schwer nicht gewesen sich selbst nicht nur zu retten, sondern vernünftig aufzustellen und wieder kräftig mitzumischen im Www. Das Potential war und ist immer da, die Nutzerzahlen haben eine Größenordnung von der andere aber profitable Unternehmen nur träumen.
Statt unprofiliert auf tausenden Hochzeiten zu tanzen und sich am Rattenschwanz zu überheben, hätte ein findiger Erstsemestler für Vortrieb sorgen können. Eine Holding und ausgegründete Fachbereiche, die sich neu aufgestellt beweisen müssen. Kleine Einheiten mit klaren Strukturen, die sich dennoch gemeinsam Infrastruktur und Verwaltung teilen und die schon vorhandenen Tanzstile verfeinern. Ein zwei vollkommen defizitäre und ramponierte Projekte abschreiben und es bleiben vielleicht 15 Lycos GmbH & Co KGs unter dem Dach der Lycos Holding. Jedes für sich mit Geschäftsführer, flacher Hierarchie und im Rechtfertigungs-, sowie Gewinnerzielungsdruck. Genügend Mannkraft und zu verbrennendes Kapital wäre vorhanden. Und einige Teilbereiche lassen sich samt Communitiy schnell zu einem guten Preis an kompetentere Mitbewerber veräußern. Der Weg soll ein anderer sein, schade.

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