Mittwoch, 12. November 2008

Konjunkturprogramm - konkret am Markt vorbei

Allerorts zitiert die Tagespresse politische Hilflosigkeit, die aktuelle Krise auszuhebeln. Nicht das mir persönlich eine neuartige Krise aufgefallen wäre - die Cafés sind voll und am Geldautomaten vor mir, die übliche lange Schlange. Ein Gang ins Einkaufszentrum beweist keine gehemmte Kauflust. Offensichtlich ist die Krise beim "Normalvolk" nicht angekommen. In der unteren Etage der Gesellschaft dürfte sogar eher ein wenig Druckreduzierung angekommen sein, immerhin fallen erstmals wieder Preise für Lebensmittel und Öl, auch wenn ohne Budget natürlich auch nichts günstiges erstanden werden kann. Dennoch hat sich die Lage nicht wirklich dramatisiert.
Was machen denn meine Lehmann-Zertifikate und andere Derivate? Ach, ich hatte gar keine und mein Mitleid für "die da oben" hält sich doch stark in Grenzen. Ab einer Million Kapital ist auch bei spürbarem Beschnitt noch viel Polster vorhanden. Und ja, auch Otto-Normal-Sparer, der in Risikopapiere investiert und sich auf 20% Rendite verlässt ohne diesen Glücksgriff zu hinterfragen, erntet nur begrenztes Mitgefühl.
Doch darum soll es an dieser Stelle nicht gehen. Wir haben ja eine große Koalition, welche progressiv durchregieren könnte. Diese verstrickt sich in krude Lösungsansätze, mit fraglicher Erfolgsaussicht. KFZ-Steuer für Neuwagen senken oder entfallen lassen, soll die Wirtschaft ankurbeln - so so. Dazu Bauinvestitionen im öffentlichen Raum - ich seh das neue Wirtschaftswunder nicht wirklich. Im 16-Punkte-Programm der Regierung sind Meilensteine, Originalität und wirkliche Impulsgeber Mangelware. Dabei möchte ich die Summe von 23 Milliarden in drei Jahren nicht madig machen - in dieser Größenordnung wären große und kleine Schritte möglich. Doch fließt das Geld ausgerechnet in die Bereiche, die sich von Krise zu Krise hangeln und Selbstreinigungskräfte seit Jahrzehnten ignorieren. Bei innovativen, flexiblen und frischen Unternehmen, die sich wider die Gegebenheiten nach oben boxen, kommt hingegen nichts an. Hier meine ich explizit all die Unternehmergeführten Kleinbetriebe und den Mittelstand, insbesondere die Firmen, die sich seit Jahren und gezwungenermaßen mit der Marktsituation arrangieren.
Ich kenne nicht wenige Firmchen und Unternehmen aus dem Dienstleistungs-, Medien-, Kreativ- und IT-Sektor kommen. Allen zu eigen ist ein Umsatz zu Gewinn Verhältnis von 20:1 bis hin zu 3:1, bei stetiger Expansion und Stellenausbau. Weiterhin gemeinsam haben diese Firmen, eine höchstanstrengende Bank- und Bürokratiesituation. Basel 2 erschwert jegliches noch so aussichtsreiche Kreditgesuch und da die meisten Firmen kleinere Kredite benötigen fühlt sich kaum eine Hausbank dazu berufen, den Aufwand zu stemmen, ihnen Kredite zu gewähren. Dem Gegenüber steht ein unflexibler Staat, der jeglichen Bürokratieaufwand auch auf kleinste Betrieb abwälzt. Die Festanstellung einer Teilzeitkraft erweist sich auch bei guten Geschäftszahlen, als mittelschwerer Akt, der in jedem Fall Zeit und Geld kostet.
Nur mal angenommen, der Staat nähme 5 Mrd seines Pakets für Betriebe unter 20 Angestellten. Diesen stellt er für eine Neueinstellung, eine neugeschaffene Azubistelle oder eine zu begründende Sonderinvestition jeweils 30.000 Euro zur Verfügung. Auf einen Schlag wären 166.666 deutschen Betrieben völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Eine Sicherheit ist gewiss, dieses Geld landet auf kürzestem Wege im Wirtschaftskreislauf und zwar dort unten wo keine Sparquote es sofort wieder dem Markt entzieht oder sofort Großteile im Ausland verschwinden.
166.666 Unternehmen - von der kleinen zwei-Mann-GbR, über den Kleinunternehmer bis zur mannstarken GmbH, egal ob grad massiv unter Druck oder wider den Trend höchsterfolgreich. 166.666 Unternehmen, die zu ihrem erarbeiteten Kapitalstrom Luft für weitere Schritte bekommen. Das Geld wird verbrannt, aber die Hitze wird einiges Wasser zum kochen bringen.
30.000 Euro klingen nach Kleingeld. Wer sich die Mühe macht und all die Einzelkämpfer und kleineren Unternehmen bei Xing befragt, wird schnell bemerken, dass 30.000 Euro ein sehr spürbarer Prozentsatz ihres Jahresumsatzes sind und mit diesem zusätzlichen Mittel, jede Menge Möglichkeiten entstehen.
Der Staat will Sicherheit? Kein Problem, dann taugen deutsche Steuerdaten, schwarze Schafe, Steuerkriminelle, Betrüger, Pleitegeier und ähnliche von vornherein auszusortieren. Auch tut der Staat gut daran dieses Geld nicht für StartUps (für die gern anderweitige Unterstützung) zu blasen, sondern eben die Unternehmen zu entlohnen die sich zumindest drei Jahre bei steigenden Umsätzen am Markt bewiesen haben. Die in Frage kommenden Unternehmen, wissen mit Geld und Wirtschaftssituationen umzugehen und sind mit Sicherheit gewillt, weiter zu wachsen, nach oben zu kommen, einzustellen, zu investieren und auch mal etwas zu experimentieren.

Leider nur sind Politiker von diesen Selbstständigen soweit entfernt, wie Bush vom Iran. Was dort unten passiert bleibt vielen ein Rätsel. Menschen die sich für ein teilweise schüchternes Nettoeinkommen aufreiben und in Überstunden stürzen erscheinen nicht auf der Agenda. Schade, vielleicht doch besser wieder Kohlepfennig...

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